Dienstag, 14. Dezember 2010

!!!PARENTAL ADVISORY!!!

Der Autor des folgenden Textes möchte aus Gründen der political correctness darauf verweisen, dass jener Text auf subjektiven Wahrnehmungen beruht und keinerlei Anspruch auf Objektivität erhebt. Sollten in diesem Text Stereotype auftauchen so dienen diese einzig der Plakativität und der Verbildlichung des beschriebenen Inhaltes und sind keinesfalls diskriminierend oder herabwürdigend zu verstehen. Ebenfalls möge man es dem Autor nachsehen, zuweilen aus Gründen des Erzählflusses auf Gendering verzichtet zu haben. Das Lesen dieses Textes geschieht auf eigene Verantwortung und umfassende orthographische und grammatikalische Korrektheit wird nicht garantiert. Für Verwirrungen bezüglich der deutschen Sprache seitens des Lesers sind beim Autor keinerlei Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

!!!PARENTAL ADVISORY!!!

Samson, die Odyssee und der Gehörgang-Krebs

Nach exakt vier Monaten bin ich nun mal wieder umgezogen, liege gerade in meiner Hängematte, Regen plätschert auf das Wellpappdach und ich fühl mich vielleicht zum ersten Mal seit meiner Ankunft wirklich richtig wohl. Der Umzug hatte sich schon eine ganze Weile angekündigt, da ich mit der Wohnsituation im Hochhaus von Beginn an nicht ganz zufrieden war. Mir stand der Sinn eher nach einer einfachen Behausung in der Nähe vom Meer und genau dies hab ich nun gefunden. Es ist eigentlich ganz amüsant, seit ich das erste Mal in Boquilla, einem Viertel direkt am Meer war, hat mich dieser Ort fasziniert. Die Menschen sind hier nicht so distanziert wie in anderen Stadtvierteln, auf der Straße sieht man rund um die Uhr Leute die Karten oder Domino spielen, Musik dröhnt aus überdimensionalen Boxen, man lacht, man kennt sich. Der Strand ist zwar nicht der sauberste aber hey… es ist ein Strand, in der Karibik… also wird sich erst einmal nicht beschwert! Jedenfalls hab ich immer wieder zu Freunden und Kollegen gesagt, dass es mir schon gefallen könnte in Boquilla zu wohnen, einfach eine kleine Hütte am Meer, ohne großen Schnickschnack. Allerdings hab ich dies immer mehr als kleine Spinnerei abgetan, wahrscheinlich sogar mehr als die Leute, denen ich davon erzählte. Und nun wohn ich tatsächlich hier.

Wie es schließlich dazu kam, dass ich jetzt hier bin ist einer Verkettung mehr oder weniger glücklicher Umstände zu verdanken. Wie bereits gesagt, der Umzugswunsch bestand schon lange und irgendwann wurde dieser dann so groß, dass ich mich aus meiner Passivität riss und mich aktiv darum bemühte. Zunächst hatte ich ein paar Leute kennengelernt, die ebenfalls auf der Suche nach einer neuen Bleibe waren. Die beiden, ein Pärchen, waren oder vielmehr sind Teil der vielleicht einzigen Rockmusikzelle in Cartagena. Hier hören ja die meisten Leute nur Vallenato und Champeta, beides Musikrichtungen die mich wiederum überhaupt nicht begeistern und oftmals hat man auch das Gefühl, dass es da nur eine CD gibt. Jedenfalls hört man immer die gleichen sechs Lieder und davon ist eines schnulziger als das andere. Das Hauptinstrument ist bei beiden das Akkordeon, dazu wird ein bisschen getrommelt und ein Text geschmettert, der in Sachen Schmalzigkeit mit deutscher Schlagermusik mühelos mithalten kann. (Sorry liebe Schlagerfans unter meinen Lesern… ist ja kein Geheimnis, dass mir eure Musik nicht gefällt). Bei Champeta kommt dazu dann noch ein brachial lauter Bass… Jetzt hab ich doch glatt den Faden verloren, wo war ich…? Ach ja, das Pärchen.

Sie hatten mir angeboten mit ihnen zusammenzuziehen und mir kam die Gelegenheit gerade recht. Eine Wohnung hatten Sie auch schon ausgesucht und nach einer Besichtigung dieser stimmte ich dem Umzug zu.

An dieser Stelle muss ich einen weiteren Exkurs einbauen, denn nun begann meine kleine Pechsträhne. Alles fing damit an, dass mir neuerdings bereits an dem Tag der Kopf zu jucken begann, an dem ich mir die Haare gewaschen habe und nicht erst eine Woche später wie dies normalerweise in Deutschland der Fall war, wo ich aus Frostschutzgründen nicht täglich Haare gewaschen habe. Für eventuelle Leser die nicht wissen wie ich aussehe, ich habe, oder vielmehr hatte den Kopf voller Dreads an denen ich mich ganze 6 Jahre wirklich erfreut habe. Auf jeden Fall, hegte ich recht schnell den Verdacht, dass mich die Kinder auf meiner Arbeit nun doch mit den teuflischen Haardämonen, der Geisel der sieben Meere, bedacht hatten. Und so fasste ich eines Abends den Beschluss dem ganzen ein Ende zu bereiten, ging zu meiner besten Freundin und deren Mutter hatte dann die Ehre mir mit der Schere zu Leibe zu rücken. Ich hatte noch um Vollnarkose während der Amputation gebeten doch dies blieb mir leider verwehrt… es gab einfach keinen Alkohol im Haus, der stark genug gewesen wäre. Ich war also bei vollem Bewusstsein als die Dreads fielen und auch wenn ich das ein oder andere Mal der Ohnmacht nahe war und mein Herz schmerzte, blieb ich stark und überstand die Prozedur mit lediglich dem Verlust einiger Tropfen Tränenflüssigkeit. Drei Dreads hab ich vor der Schere retten können, … drei Dreads.. !!! Während der Operation musste ich mir gleich drei Mal die Geschichte von Samson anhören. Für Bibelunkundige wie mich, … ach nee, hier geh ich jetzt nicht auch noch ins Detail. Nur so viel, Samson hatte lange Haare und eine Menge Power. Dann haben sie ihm die Haare geschnitten und futsch waren die Superkräfte. Wer mehr wissen will der lese die Bibel… oder den entsprechenden Wikipedia-Eintrag. Einige Tage später fand ich dann den Samson-Vergleich gar nicht mehr so unpassend. Am nächsten Tag stellte sich nämlich heraus, dass ich wirklich Läuse hatte.

Und hier komme ich nun zur eigentlichen Geschichte zurück. Zwei Wochen nach der Wohnungsbesichtigung, 5 Tage nach der Amputation, am ersten Dezember sollte der Umzug stattfinden. Ich hatte mir die Erlaubnis vom ICYE-Büro in Bogota eingeholt und hatte an diesem Morgen alle meine Sachen fertig zum Umzug gepackt. Unglücklicherweise hatte ein Unwetter einige Tage zuvor (zwei Tage nach der Amputation) den Router in meiner damaligen Wohnung gegrillt und so konnte ich erst ein paar Stunden später auf Arbeit die Email meiner Mitbewohnerin in Spe lesen, dass der Vermieter der Wohnung einen Abend zuvor angerufen hatte und bekannt gab, dass die Wohnung nicht mehr zu haben sei. Zwei Tage später verbummelt meine Arbeitskollegin meinen Handy-Akku und einen weiteren Tag drauf, verliere ich in der Stadt meine Fotokamera, wobei ich mir nicht sicher bin, ob sie mir nicht vielleicht doch geklaut wurde. Jedenfalls war ich an diesen Tagen nicht sonderlich gut drauf und fühlte mich wirklich von allen guten Geistern verlassen.

Die Wohnungssuche ging also wieder von vorn los. Letzte Woche Mittwoch, es war mal wieder Feiertag, hatte ich mich mit einer Kollegin, die mir bei der Suche helfen wollte, verabredet. Sie hatte bereits ein wenig Recherchiert und zeigte mir ein kleines Zimmer mit Bad und Gemeinschaftsküche.

Währenddessen hatte ich auch meine gute Freundin Yesenia gefragt, ob sie nicht mit mir zusammenziehen wöllte, sie sagte mir doch dann an jenem Mittwoch, dass sie das zwar gerne täte aber derzeit nicht das Geld dafür hätte. Also entschied ich mich am Donnerstag allein in das besagte Zimmer zu ziehen, dass zudem äußerst günstig war und man aufs Dach gehen konnte. Ich sagte der Vermieterin zu, am folgenden Sonntag (vorgestern) einzuziehen. Nun kommen wir langsam zum dramatischen Höhepunkt der Odyssee. Freitagvormittag ruft mich Yesenia an um mir mittzuteilen, dass sie nun irgendwie Geld aufgetrieben hatte und nun doch gerne mit mir zusammenziehen wollte. Nun stand ich da und wusste nicht so wirklich wie ich mich entscheiden sollte. Das Appartement in das wir zu zweit ziehen könnten hatte aus ökonomischer Sicht einige gravierende Nachteile. Ich entschied mich, eine Nacht darüber zu schlafen und am Samstag eine Entscheidung zu treffen, tendierte jedoch mittlerweile bereits dahin, meiner Freundin zu sagen, dass ich nicht mit ihr zusammenziehen kann, weil ich es mir schlicht nicht leisten könne.

Samstagmorgen, mal wieder Theaterkurs in der Boquilla, bestes Wetter, gute Laune, ich verlasse den Arbeitsplatz und schlendere noch ein wenig durch die staubigen Straßen als mir ein „Zimmer zu vermieten“-Schild (auf Spanisch selbstverständlich) auffällt. An diesem bin ich noch vorbeigegangen, jedoch hat mich das Schild auf die entscheidende Idee gebracht, einfach mal ein paar Leute auf der Straße zu fragen, ob sie nicht vielleicht jemanden kennen würden, der oder die in der Nähe ein Zimmer oder ein kleines Appartement zu günstigen Konditionen vermieten würde. Die dritte Person die ich anspreche überlegt kurz und fordert mich dann auf, ihm zu folgen. Wir kommen zu einem kleinen Haus, vielleicht 60 Meter vom Meer entfernt und die Bewohnerin dieses Hauses führt mich zu einem kleinen Raum auf der Rückseite des Hauses mit eigenem Eingang. Auf den ersten Blick dachte ich eher, dass ich hier nicht wohnen möchte. Das Zimmer schien ziemlich dunkel, die Tür war ein wenig Kaputt, naja, was soll ich sagen, ich war einfach von den Besichtigungen zuvor anderes gewöhnt und glaubte wohl noch immer nicht wirklich daran, dass ich in dieses Viertel ziehen würde. Nach einer kleinen Unterhaltung mit der Vermieterin verblieb ich mit ihr so, dass sie mir ihre Nummer gab und ich mich noch am selben Tag melden würde. Auf der anderthalb-stündigen Rückfahrt zu meiner alten Wohnung dachte ich dann wirklich intensiv nach, ob ich es vielleicht einfach wagen sollte. Wie gesagt, das Viertel hat mir von Anfang an sehr gut gefallen und ich wollt schon immer mal direkt am Meer wohnen. Und so fand ich nach und nach immer mehr Gefallen an der Idee.

Jetzt hatte ich aber das Problem, dass ich, anstatt eine Wohnungsoption zu eliminieren, eine weitere hinzugefügt hatte. Ich fragte also Yesenia nach ihrer Meinung zu dem ganzen und sie meinte, aus Rücksicht auf meine finanzielle Situation hätte sie nun doch wieder entschieden, nicht mit mir zusammenzuziehen. Klingt jetzt komisch, erst „Nee“ dann „Doch“ und nun wieder „Nö“, aber mir kam diese Entscheidung ganz recht und als ich da so auf dem Sofa saß, nahm ich mir ein Herz und entschied mich für das Abenteuer „Wohnen am Meer“. Ich rief umgehen die Vermieterin an um ihr zuzusagen am nächsten Tag umzuziehen und sagte der anderen Vermieterin, der ich eigentlich schon zugesagt hatte, wieder ab. Ich war ganz schön Nervös und alles andere als sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Schließlich ist Boquilla gut anderthalb Stunden von meiner Arbeit entfernt, jedenfalls bis diese im März ebenfalls umzieht, und außerdem ist das Leben hier am Meer schon um einiges einfacher (nicht das „leichter“ – einfacher) als dort, wo ich bisher wohnte. Aber genau das war es ja, was ich eigentlich wollte.

Gestern bin ich nun also umgezogen, wurde gleich vom Sohn der Vermieterin mit auf ein Konzert geschleppt und war umso mehr vom bunten Treiben auf den Straßen begeistert. Ich hab das Gefühl, nach vier Monaten in Kolumbien und davon drei Monaten in Cartagena, endlich in der Karibik angekommen zu sein. Heut hab ich mich nun ein bissl eingerichtet und dachte mir, ich nutze den Augenblick der Muße um einen seit langem überfälligen Bericht für meinen Blog zu schreiben (sorry dafür, aber wie beschreiben herrschte so ein bisschen Chaos bei mir).

Und damit endet die Story von meinem Umzug. Ich könnte euch nun noch das ein oder andere von meinem Alltag erzählen, euch von den Wanderhändlern berichten die jeden Morgen zur selben Zeit vor meiner alten Wohnung aufkreuzten und lauthals in die Morgenluft Dinge schrien die wie „Ey was willstn du da!“ oder „Jetz bin ich wieder da also gebt mir euren Käse“ klangen (was natürlich Blödsinn ist, aber ich hab auch beim 50ten Mal nicht verstanden was sie wirklich riefen), belasse es aber nach dieser langen Geschichte über den Umzug dabei, euch noch von dem wichtigsten Bauteil eines kolumbianischen Autos zu erzählen und lasse an dieser Stelle nochmal ausdrücklich die „Vorsicht Satire“-Lampe blinken.

Ein Auto in Deutschland hat, glaub ich wenigstens, kein wichtigstes Teil oder aber zumindest kein unwichtiges Teil. Das Auto an sich ist für den gemeinen Deutschen (und diese können schon sehr gemein sein ;-) ) ein Heiligtum. Hier in Kolumbien sieht man das ein wenig lockerer. Das wichtigste Bauteil hier ist, nicht wie man vermuten könnte das Soundsystem damit man möglichst laut schlechte Vallenato-Musik hören kann. Das wichtigste Teil ist auch nicht der Motor oder die Karosserie, die Lichtmaschine oder das Armaturenbrett und schon gar nicht die nicht-vorhandene Sicherheitsausstattung oder die noch original eingeschweißten weil noch nie benutzten Sicherheitsgurte, nein, das wichtigste Bauteil ist die Hupe. Der kolumbianische Autofahrer hat es, im Gegensatz zu seiner ansonsten tendenzielle schon fast auffälligen A****ruhe, immer eilig und dass obwohl es ihm eigentlich total egal ist ob er eine oder zwei Stunden zu spät zu seinem Termin kommt. Aus diesem Grund gleicht der Aufenthalt an einer Straße in Kolumbien dem in einem Südafrikanischen Fußballstadion zur Weltmeisterschaft und sorgt auf kurz oder lang mit Sicherheit zu Gehörgang-Krebs. Die Autos stehen an der Ampel und warten auf Grün, die Ampel schaltet von Rot auf besagtes aber bevor die Autos in der vordersten Reihe den Gang eingelegt haben, erschallt aus allen Richtung ein Hupkonzert das sich gewaschen hat. Das die Fahrer der ersten Reihe noch keinen Gang eingelegt haben ist andererseits wenig verwunderlich, betätigen doch auch sie zunächst noch ein paarmal die … na? … Richtig! HUPE.

Es ist auch völlig egal ob das Auto überhaupt Fahrtüchtig ist. Solange die Hupe funktioniert, ist alles in Butter. Meine Arbeitsstelle liegt direkt neben einer Autowerkstatt und so wurde ich nun schon ein paarmal Zeuge, wie gut vier Männer um ein kaputtes Auto stehen, während einer im Auto sitzt und voller Enthusiasmus die Funktionstüchtigkeit der Hupe testet…. 5 Minuten lang. Also, wenn der oder die ein oder andere von euch mal hierherkommen sollte, bringt euch eine Vuvuzuela mit, damit seid ihr hier bestimmt der King of the Street!

So, dass war es jetzt aber wirklich. Ich hoffe ich hab euch nicht zu sehr gelangweilt und vielleicht habt ihr manchmal auch ein wenig schmunzeln können. Mir jedenfalls hat es heut mal wieder Spaß gemacht etwas zu schreiben. Sorry dass es diesmal keine Fotos gibt, aber wie gesagt, meine Kamera ist weg und ich muss mir erst eine neue organisieren. Übermorgen geht’s in den ersten Urlaub an die Pazifikküste und danach ist Weihnachten. Ich hoffe euch geht es allen gut, dass ihr alle ein wunderschönes Weihnachtsfest haben werdet und danach gut ins Neue Jahr rutscht. Ich melde mich dann 2011 mit neuen Geschichten, Kuriositäten und anderem Getier (meines bin ich übrigens wieder los).

Adios! Besos!

P.S. Mit Namen versehene Kommentare sind wie immer sehr willkommen J

Dienstag, 2. November 2010

Lange ist es her,…



…...dass ich was geschrieben habe, über einen Monat schon, deswegen wird es nun endlich mal wieder Zeit für einen kleinen Bericht. Ich bin immer noch in Cartagena, die Arbeit hat sich so ein bissl eingepegelt und auch im Allgemeinen kann man wohl mittlerweile davon sprechen, dass eine Art Alltag in mein Leben hier eingekehrt ist.  Da erklärt dann wohl auch die etwas längere Schreibpause, was jedoch nicht bedeuten soll, dass in der Zwischenzeit so gar nichts passiert ist. Ich hab ein paar Leute kennengelernt mit denen ich recht gern was unternehme, war ein Wochenende am Playa Blanca campen, der Mathis aus Sora war kurz zu Besuch, diverse Stromausfälle, viel viel Regen und gerade vorüber, dass Halloween-Wochenende mit Umzügen und Partys.

Aber vielleicht mal etwas langsamer.

Meine Arbeit hier wird nicht leichter und von einer Routine mit den Kindern kann keine Rede sein.  Noch immer muss ich um jedes bisschen Aufmerksamkeit kämpfen, muss Einzelgespräche führen und viel Motivationsarbeit leisten. Ich denke auch nicht, dass sich dies ändern wird, es ist eben der zentrale Punkt meiner  Arbeit und wenn man drüber nachdenkt wohl auch das, worauf es im Umgang mit den Kindern wirklich ankommt. Einigen gebe ich mittlerweile ein bisschen Gitarrenunterricht, anderen versuch ich Lesen und Schreiben beizubringen und noch immer bin ich bemüht ihr Interesse am Theater zu wecken, was oftmals sehr schwer ist. Einige schämen sich, andere haben einfach keine Lust auf gar nichts. Ist schon manchmal frustrierend, wenn man sich einen Abend lang einen Plan mit verschiedenen Aktivitäten ausdenkt und die Resonanz und Mitarbeit der Kinder später bei fast Null liegt. Oftmals muss ich mir dann in Erinnerung rufen, dass ich dies hier ja nicht für mich mach und die Kinder nicht für mich sich anstrengen sollen, sondern dass ich dies für sie mache. Und dann kann es eben sein, dass ich noch keine Methode gefunden habe, wie ich die Kinder richtig anpacken muss. Aber vor dem Problem stehe ich nicht alleine, den anderen Lehrkräften geht es zum Teil nicht viel besser. Wie dem auch sei, meine Motivation ist ungebrochen und ich wird weiter mein bestes versuchen.

Dann war ich wie erwähnt ein Wochenende am Playa Blanca campen. Playa Blanca ist einer der schönsten Strände hier in der Nähe und es war wirklich ein schönes Wochenende. Zunächst ging es mit dem Bus in das gut 20 Kilometer entfernte Dörfchen Pasacaballos wo wir mit der Fähre auf die andere Seite des Kanals zur Insel Baru übergesetzt haben und von dort aus ging es dann mit dem Motorrad eine gute halbe Stunde über eine löchrige, staubige Piste Richtung Strand. Meine Faszination für die Mototaxis ist ungebrochen!!! Am Strand angekommen haben wir zunächst das Zelt errichtet und sind dann schwimmen gegangen. Türkisgrünes Meer, feiner Sand… und jede Menge Touristen. Von Cartagena aus werden täglich Bootstouren zu den verschiedenen Stränden und Inseln angeboten und diese machen auch am Playa Blanca stopp. Gegen Abend, als sich die Touristen wieder Richtung Stadt verabschiedet hatten kehrte dann ein wenig Ruhe ein, … mal abgesehen von der Gruppe Pfadfinder die direkt hinter uns ihre Zelte aufgeschlagen hatte. In der Nacht haben wir dann unsere erste Havarie  erlebt, als bei strömenden Regen unser Zelt abgesoffen ist und wir uns unter einen nahegelegenen Pavillon flüchten mussten. Begleitet von Donner und Blitz wie ich es noch nie erlebt hab, saßen wir dann in nassen Klamotten den Rest der Nacht unter dem Pavillon und erwehrten uns mit Kräften den anstürmenden Mückenhorden. Die hatten es ironischer weise allein auf mich abgesehen und nicht auf meine kolumbianische Begleitung was letzten Endes zu einer wahnsinnigen Ausbeute an Mückenstichen bei mir führte. Allein am rechten Oberschenkel hatte ich nach dem Wochenende 64 Stiche! Nachdem wir am nächsten Tag schließlich alle Sachen zum Trocknen aufgehängt und das Zelt sauber gemacht hatten, fielen wir erst einmal in einen tiefen Schlaf bis zum späten Nachmittag. Für die zweite Nacht waren wir dann auch so schlau, mit samt dem Zelt unter jenen Pavillon zu ziehen, was mit Blick auf den erneut starken Regen in dieser Nacht durchaus eine gute Ideen gewesen sein sollte. Montagmorgen ging es dann auf der Ladefläche eines LKWs, voll beladen mit unseren singenden Pfadfinderfreunden zur Fähre zurück. Soviel zu meinem Abenteuer am Strand. Bilder vom Strand...

Das Wochenende darauf hatte ich dann meine erste kleine Krise hier. Es war der Moment als mit bewusst wurde, dass der Alltag gekommen war. Einige Dinge wurden plötzlich nicht mehr als fremd und interessant wahrgenommen, sondern als unangenehm und störend. Aber wie es so mit den Krisen ist, sie kommen und sie gehen und ein paar Tage später sah die Welt schon wieder ganz anders aus.

Letztes Wochenende war wie erwähnt Halloween…. und das wird hier so gefeiert wie in Deutschland an einigen Orten der Karneval. Die Kinder waren schon Tage vorher aufgeregt und mit dem Basteln ihrer Verkleidungen beschäftigt. Freitag hab ich mal wieder in Boquilla, dem einen Strandviertel gearbeitet und an diesem Nachmittag gab es dort eine große Parade aller Kinder des Viertels mit Musik und Tanz. Auch ich hatte mich ein wenig verkleidet, was mich jedoch nicht davor bewahrte Unmengen an Mehl ins Gesicht geschmissen zu bekommen…. Das sei so Brauch! … Sagte man mir. War jedenfalls alles ganz lustig, Bilder gibt es hier.

Sonntagabend (Montag war Feiertag) ging es dann für mich das erste Mal in eine Disko zur Halloweenparty. War die Veranstaltung an sich jetzt auch nicht so umwerfend, so waren es doch die Kostüme einiger Menschen. Da haben sich ein paar Leute ziemlich viel Mühe gegeben!

Heute früh (Dienstag) dann mal wieder eine kleine Kuriosität: Regen!

Nun ist Regen in der Regenzeit bekanntlich keine Kuriosität, wenn es jedoch 3 Stunden am Stück aus allen Kannen gießt sieht dies schon ganz anderes aus. Normalerweise haben wir hier kurze aber sehr heftige Regenschauer aber heute war es ein sehr langer heftiger Regenschauer. Die Brücke vor unserem Haus wurde komplett überflutet, die ganze Umgebung erinnerte stark an Venedig, wenn auch das romantische Flair in unserer Hochaussiedlung fehlte. So viel Regen in so kurzer Zeit hab ich noch nie gesehen. Eigentlich wollte ich an die Arbeit, aber die Straßen waren einfach nicht begehbar. Genauso schnell wie das Wasser hier jedoch steigt, fällt der Pegel auch wieder. Zwei Stunden später war unser kleiner Kanal vor dem Haus vom reißenden Strom zurück zum Rinnsal geschrumpft. Die Schäden in den Erdgeschosswohnungen, die eingestürzten Mauern und der noch immer andauernde Stromausfall künden jedoch noch immer von der Geschichte dieses Morgens.

Soweit so gut, ich bin gespannt wie es hier weitergeht und ich hoffe Ihr meine lieben Leser seit es auch. Ich werde mich bemühen mit dem nächsten Bericht nicht so lange zu warten, verspreche jedoch nichts. Hängt immer davon ab, ob es was zu berichten gibt und wie mir gerade der Sinn steht.

Fotos kommen die Tage!!

Auf bald! Hasta Luego! Besos! 

Dienstag, 28. September 2010

Und weiter gehts :)



Hallo Hallo, hier bin ich wieder. Wie ich das letzte Mal schon angekündigt hatte, hab ich mittlerweile begonnen zu arbeiten. Hab die letzten zwei Wochen damit zugebracht, dass Projekt und die Kinder kennenzulernen und mir Gedanken zu machen, in welcher Form ich mich am besten einbringen könnte. Wie bereits erwähnt, soll ich Theater, Musik und Englisch unterrichten, muss jedoch für jedes der Fächer ein Programm schreiben, was sich als gar nicht so leicht herausgestellt hat. Die Kinder sind doch größtenteils recht temperamentvoll und es passiert nicht selten, dass mal eines von ihnen einen Wutanfall bekommt.Das schwierigste an der Arbeit mit den Kindern ist jedoch, sie zur Teilnahme zu motivieren. Dabei hat das vielleicht weniger mit ihrer schwierigen Vergangenheit als mit der Tatsache zu tun, dass viele von ihnen gerad mitten in der Pubertät stecken. Trotzdem oder vielleicht auch gerad deswegen hab ich sie alle ziemlich gern und es macht mir Spaß mit ihnen zu arbeiten. Montag und Freitag bin ich jeweils in einem anderen Teilprojekt, welches eher im Bereich der Prävention angesiedelt ist. Dann bin ich in verschiedenen Armenvierteln der Stadt unterwegs und unterrichte jüngere Kinder. Auch dies macht ziemlich Spaß. Viele der kleinen haben mich sehr schnell aufgenommen und wollen mich am Ende des Unterrichts kaum mehr weg lassen. Samstags Vormittag bin ich dann noch beim dritten Teilprojekt „La Muralla soy yo!“ dabei, was so viel heißt wie „Die Mauer bin ich!“. Auch dieses Projekt spielt eher im Bereich der Prävention. Hier arbeitet man zum einen mit verschiedenen Akteuren (Hotels, Taxifahrer, Polizei, Schulen, Universitäten, etc.) zusammen mit der Bestrebung, den Kindern ein höheres Maß an Schutz zukommen zu lassen. Zum anderen betreuen wir auch hier Kinder in ihrer Freizeit. So betreu ich gemeinsam mit einem Studenten der Theater-Fakultät den Theaterkurs, der direkt am Strand stattfindet. Zusammengenommen komme ich dabei zwar auf gut 50 Stunden wöchentlich, was einen dann schon auch ganz schön fertig macht, aber es ist eine Arbeit für eine gute Sache.

Wie schon gesagt, ich arbeite teilweise in ziemlich armen Stadtteilen… und wenn ich letztes Mal von den Tourismusvierteln und dem historischen Zentrum berichtet habe, so ist dies dann jetzt die andere Seite der Stadt Cartagena.  Es sind zwei Gesichter einer Stadt, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite die 30-stöckigen Hotelhochhäuser, Casinos und Restaurants, Bars und Cafés, auf der anderen Seite Wellblechhütten, Holzbaracken, Obdachlose. Schweine, Esel, Kühe Hühner, Hunde und Katzen die alle frei auf der staubigen, löchrigen, unasphaltierten Straße herumlaufen. Ich hab in meinem Leben noch nie solche Armut gesehen und dennoch lachen die Menschen, sind freundlich und zeigen eine Lebensfreude und –energie, wie sie viele Wohlhabende überhaupt nicht kennen. Ich muss zugeben, dass ich nicht ungern in diese Viertel gehe, zumal einige davon direkt am Strand liegen. 

Eine andere Sache über die ich gerne berichten möchte sind die Motorradtaxis. Wahrscheinlich das schnellste, wenn auch nicht gerade das ungefährlichste Fortbewegungsmittel in Cartagena, begeistert mich jedes Mal aufs Neue. Am meisten Spaß macht dies am Strand, wenn man von einem Ende der Bucht zum anderen muss und man, die salzige Brise im Gesicht, am Meer entlanggefahren wird.

So, was hab ich denn noch so erlebt…? Letzten Samstag war ich das erste Mal in der Stadt feiern. Da ich niemanden kannte, bin ich allein los gezogen in der Hoffnung irgendwo Anschluss zu finden. Das hat dann auch ganz gut geklappt als mir zwei Mädels einen Flyer zu einem Auftritt ihrer Gruppe in die Hand drückten. Ich hab mich ihnen mangels Ortskenntnis sogleich angeschlossen und bin so zu der Bar gekommen, in der die Show stattfinden sollte. Die Truppe, bestehend aus vier Frauen die alle keine Kolumbianerinnen sind sondern aus Spanien, Argentinien, Chile und Uruguay kommen, hat mich dann im Anschluss noch zu diversen Getränken eingeladen und wir waren dann noch gemeinsam in einer Son und Salsa Bar. War jedenfalls eine lustige Nacht.

Am gestrigen Sonntag bin ich dann zum Castillio de San Felipe gegangen, einer alten spanischen Festung die auf einem Hügel inmitten der Stadt thront. Nun, hier gibt es nicht sooo viel zu berichten und ich lasse, da ich es nun endlich mal hinbekommen habe, die Bilder für sich sprechen. 

Das soll es dann auch erst mal wieder gewesen sein.

Ach ja… hab ich eigentlich schon erwähnt, dass ich mich immer über Kommentare und Fragen freue? Am besten immer mit nem kleinen Verweiß von wem der Kommentar kommt.... ^^ 

 

Bis bald! Hasta luego! Besos!

Marcel

Sonntag, 12. September 2010

Erste Tage in Cartagena

Es wird mal wieder Zeit meiner treuen Leserschaft zu berichten was sich in den letzten Tagen so zugetragen hat. Wie ich bereits zuletzt geschrieben hatte, stand der Abschied aus Bogotá und somit von meinen Freunden dort vor der Tür. Wir hatten noch ein paar wirklich schöne Tage, waren nochmal tanzen und im Parque Nacional von Bogotá, wahrscheinlich die schönste Ecke dieses Stadt. 

Zum Abschluss hab ich dann mit Micha, einem anderen Freiwilligen aus Deutschland und Josi bei meiner Gastfamilie gekocht. Es gab Hackklopse mit Erbsen und Kartoffeln!!! LECKER  Allen hat es gut geschmeckt! Dann war endgültig der Moment des Abschieds gekommen. Viel mir echt nicht leicht und meiner Gastfamilie ging es nicht anders. War schon komisch, dass mir der Abschied aus Bogotá schwerer viel als der aus Deutschland. Wahrscheinlich lag dies daran, dass ich damals mit 20 anderen gemeinsam los und diesmal auf mich allein gestellt bin.

Jedenfalls ging es dann am Donnerstag, dem 9. September mit dem Flieger nach Cartagena. Als ich aus dem Flugzeug gestiegen bin musste ich fast laut loslachen. Tropische 33 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von gut 80%... und hier soll ich nun ein Jahr leben… unglaublich.

Mit dem Taxi ging es dann zu meiner Bleibe, einem Appartement-Hochhaus recht weit im Stadtinneren, in dem ich nun ein Zimmer in der Wohnung meiner Chefin habe. Ist alles ganz nett soweit. Gestern (Samstag, 11.9.) war ich dann mit meiner Chefin und ihrem besten Freund in Boca Grande, der Touristenhalbinsel auf der ein Hotel auf das nächste folgt. Das ist schon irgendwie beeindruckend denn in diesem Ausmaß habe ich so etwas noch nie zuvor gesehen. Ich hab mich erst einmal gefragt, wer zum Geier macht an so einem Ort Urlaub. Wenn man irgendwo in Cartagena herumläuft und aussieht wie ein Tourist, wird man oft gefragt, ob man nach Boca Grande möchte. … Nein, … ich möchte nicht da hin! Ich weiß es gibt genug Leute, die an so einem Ort Urlaub machen, sich in ein Hotel einmieten und dann die Hotelanlage für den Rest ihres Urlaubs nicht verlassen, obwohl sie in einer der vielleicht schönsten Städte überhaupt sind. Es klingt vielleicht komisch aber ich fühl mich irgendwie jedes Mal innerlich angegangen wenn jemand meint, ich sei genau so ein Tourist. Auf der anderen Seite kann ich die Leute hier natürlich verstehen. Für sie ist der Tourismus ein Segen und für die Stadt der wohl wichtigste Wirtschaftsfaktor. Natürlich hat der Tourismus auch seine Schattenseiten. Mit einer dieser Schattenseiten werde ich mich in den nächsten Monaten, wie ihr wisst, sehr intensiv auseinandersetzen. Aber dazu dann mehr im nächsten Bericht. 

Wo war ich stehen geblieben…. Wir waren also gestern Abend im Touristenviertel, haben uns in einer kleinen Bar jeder ein Bierchen genehmigt und über so interessante Themen wie Klassiker der Soziologie, kulturelle Unterschiede zwischen Deutschland und Kolumbien und diverse Szeneprobleme in Deutschland geredet. Mayerlin, meine Chefin hat auch Soziologie studiert und für mich war es eine angenehme Herausforderung über diese Themen auf Spanisch zu reden… was zugegebenermaßen auch für den einen oder anderen Lacher gesorgt hat. 

Heute (Sonntag, 12.9.) bin ich dann gegen 16 Uhr das erste Mal alleine in Richtung Stadt gezogen, was für mich ein sehr wichtiger Schritt war. Ich brauch einfach das Gefühl mich allein in einer Stadt bewegen zu können und dabei mich zurechtzufinden. Hat auch alles sehr gut geklappt. Ich bin ein wenig durch das historische Zentrum spaziert und hab mir von der Stadtmauer aus den Sonnenuntergang angeguckt. Dabei hab ich dann auch gleich ein paar Leute kennengelernt. Zum einen ein unabhängigen Bierverkäufer und zum anderen einen bereits etwas älteren Australier, der seit 6 Jahren in Cartagena lebt. Wir haben eine Weile miteinander geredet und dann waren die beiden so freundlich mir noch eine kleine Führung durch das Zentrum zu geben. Alles in allem wirklich gut gelaufen heute. 

Zur Stadt: Bereits während der Taxifahrt vom Flughafen aus hatte ich ein sehr gutes Gefühl. Cartagena hat einfach all das, was ich in Bogotá vermisst habe. Schönes Wetter, lachende Menschen, Meer, ein gutes Stück Gelassenheit  und noch so einiges mehr. Die historische Altstadt am Abend ist einer der romantischsten Orte die ich je erlebt hab. Hier kann man sich in offenen Kutschen durch die Gassen fahren lassen, den Klängen von Straßenmusikern lauschen oder sich einfach in eines der kleinen Straßencafés setzen und die Zeit verstreichen lassen. Also, wer unglücklich verliebt ist könnte darüber nachdenken seine oder seinen Angebetete oder Angebeteten zu einem Trip nach Cartagena einzuladen. Wenn es dann hier nicht klappt, dann weiß ich auch nicht.  :)

Morgen beginnt nun endlich meine Arbeit. Ich war bereits gestern mal kurz vor Ort und hab einige von den Kindern kennengelernt, mit denen ich dann in Zukunft meine Zeit verbringen werde und freue mich doch ziemlich auf das Ganze. Aber davon im nächsten Bericht.

 (BILDER GIBTS JETZT HIER)

Hasta Pronto!!!

Mittwoch, 1. September 2010

Nach drei Wochen

Tjaja, nun sind bereits knapp drei Wochen vergangen und ich bin noch immer in Bogota. Heute hatten wir den Abschlusstest von unserem Spanisch-Kurs… naja, ich bin jedenfalls mal gespannt was dabei rauskommt. Zu den Kommentaren zu meinem letzten Post möchte ich nur sagen, dass es schön wäre, wenn ihr einen Namen hinterlassen könntet, damit ich auch weiß wer was geschrieben hat. Nur noch so viel, ja, die Haare sind noch dran und ich sehe momentan auch keinen Grund daran etwas zu ändern.

So, jetzt aber mal zum Thema. Wie bereits gesagt, drei Wochen sind fast vorbei und ich hab einiges erlebt. Wir haben eine Stadtführung durch das historische Zentrum Bogotas mitgemacht, waren auf Montserrat, einem Berg direkt bei Bogota, auf dem eine Kirche steht und von wo aus man einen phantastischen Blick auf die Stadt hat. Als dann die Sonne unterging und die Lichter der Stadt erleuchteten war ich einfach nur überwältigt von der Aussicht. Dabei wird einem dann auch erst mal die wahre Größe dieser Stadt bewusst – bis zum Horizont nichts als Lichter. (Bilder kommen noch)

Einen Tag später haben wir dann einen Bus gemietet und sind zu einem alten Indianerheiligtum gefahren. Der Ort heißt Guatavita, liegt auf knapp 3000 Meter Höhe und das eigentliche Heiligtum ist eine Lagune, nahezu Kreisrund, in welche die ansässigen Indianer früher Gold als Opfergabe an die Götter warfen. Als dann die Spanier das Land eroberten, sprengten sie eine große Kerbe in die Wand der Lagune, durch welche das Wasser abfließen sollte um an das Gold zu gelangen. Die Atmosphäre an diesem Ort ist wahrhaft beeindruckend. Man steigt einen kleinen Pfad von 2800 Meter auf 3200 Meter hinauf und überquert dabei sozusagen die Klimagrenze. Dies macht sich vor allem an der Vegetation bemerkbar. Durchquert man zunächst ein urwaldähnliches Gebiet so lässt der Bewuchs ab 3000 Meter Höhe stark nach. Ein sehr schönes Erlebnis, wobei ich empfehlen kann, diesen Ort nicht in einer großen Gruppe zu besuchen um die Atmosphäre eindringlicher wahrnehmen und diesen wunderschönen Ort auf seine Weise ehren zu können. (auch hier werden noch mehr Bilder folgen)
Soviel erst mal zum bisherigen Kulturprogramm.
Wir waren mittlerweile auch zweimal am Abend das Partyleben Bogotas erkunden. Dabei waren wir das erste Mal in einem kleinen Club in der Candelaria, dem historischen Zentrum der Stadt und das zweite Mal in einer Salsa-Diskothek. Soviel vorweg… ich hab getanzt, bin aber noch weit davon entfernt Salsa tanzen zu können. Die Kolumbianer und Kolumbianerinnen die wir in der Salsa-Disco getroffen haben konnten doch alle ziemlich gut tanzen und waren auch immer sehr gern bereit, einem das eine oder andere beizubringen. Nach Hause geht’s nachts immer mit dem Taxi da keine Busse mehr fahren… naja, und beim zweiten Mal hab ich dann auch auf Anhieb das Haus meiner Gastfamilie gefunden.
Vorgestern hab ich nun endlich mein Projekt besichtigen können. Naja, wenn ich ehrlich bin, hab ich bisher nur mit der Chefin und ihrem Mann gesprochen, aber ich hab ein ziemlich gutes Gefühl bei der Sache. Im Zentrum meiner Tätigkeit wird die Arbeit mit sexuell ausgebeuteten Jugendlichen bestehen. Sexuell ausgebeutet bedeutet in diesem Sinne nicht häuslicher Missbrauch sondern Kinderprostitution und Sextourismus. Ich denke die meisten Leute, und ich bisher wohl auch, können sich das Ausmaß in welchem Kinderprostitution stattfindet nicht einmal ansatzweise vorstellen. Den Aussagen der Chefin gibt es Arbeit ohne Ende und ich hatte sofort das Gefühl, an einen Ort zu kommen, an dem ich gebraucht werde (was ihr jetzt bitte nicht falsch versteht, gelle :) ). Nächsten Montag bis Mittwoch werde ich jedenfalls hier in der Projektstelle in Bogota eine kleine Einführung in die Arbeit und die verschiedenen Bereiche bekommen und nächsten Donnerstag geht es dann nach Cartagena, wo ich dann wohl erst einmal Musik und Theater unterrichten soll. Bin wirklich sehr gespannt wie das alles so wird.
Den Rest dieser Woche haben wir nun noch volles Programm. Morgen ist die letzte Spanisch-Stunde, der Kurs hat mir echt nochmal viel gebracht denke ich, und danach machen wir ein Picknick inklusive Spielzeug aus Müll bauen (Recycling) und Freitag haben wir eine kleine Konferenz zum Thema politische Geschichte Kolumbiens was sicherlich sehr interessant wird. Am Abend geht’s dann zunächst in die Universidad Nacional und anschließend in einen Club namens Casa Babylon, da läuft, wie sollte es bei dem Namen auch sein, Raggea. Aber ich greife hier ein wenig vorweg, schließlich ist es interessanter zu hören, was passiert ist. Deswegen davon das nächste Mal mehr.
Vielleicht noch ein paar Worte zur Universidad Nacional. Diese ist eine der wenigen staatlichen Universitäten Kolumbiens. Dass heißt, dass das Studium nichts kostet, man dafür nicht so leicht an einen Studienplatz herankommt da der Ansturm auf die Stellen enorm ist. Die meisten Unis in Kolumbien sind privat und dass kann dann schon mal bedeuten, dass man für das Semester mehrere Tausend Euro (teilweise im zweistelligen Bereich) hinlegen muss. Das besondere an der Universidad Nacional ist jedoch, dass die Polizei nicht auf den Campus darf. Wie zu erwarten ist dieser Ort daher voller junger alternativer Leute und politischem Aktivismus, da man hier nicht verfolgt werden kann (und auch dies bitte nicht falsch verstehen, es geht hier nicht explizit um irgendeine Form von Radikalismus, vielmehr ist der Campus für viele ein Ort, an dem man frei denken und handeln kann, was in Kolumbien sonst NICHT IMMER so ungefährlich ist).
Zum Schluss erneut ein paar allgemeine Eindrücke und Befindlichkeiten meinerseits. Bogota ist ein Moloch…. laut, versmogt, schlechtes Wetter. Ich hab daher beschlossen, wirklich froh zu sein, wenn ich nach Cartagena komme. Die Leute sind zwar zumeist sehr freundlich und hilfsbereit, aber ich sehe nur selten Menschen mit lächelndem Gesicht. Jetzt mag manch einer vielleicht den Vergleich zu Deutschland im Herbst bemühen und käme dem Bild damit vermutlich sogar recht nahe. Ich freu mich jedenfalls immer, wenn ich doch mal jemanden auf der Straße lachen sehe. Kolumbien ist außerdem unerwartet teuer. Ich kann jetzt keine einzelnen Preise nennen, aber wer denkt, hier mit wenig Geld gut über die Runden zu kommen, täuscht sich. Die Preise sind nicht so weit weg von denen in Leipzig. Ich sag bewusst an dieser Stelle Leipzig, weil man im Vergleich zu anderen deutschen Städten in Leipzig doch sehr günstig leben kann. Der Unterschied für mich – ich hab lediglich vielleicht ein Viertel des Geldes zur Verfügung wie in Leipzig. Mein Tagesbudget liegt bei 3,30 Euro und davon kann ich mir zwei Busfahrten und was Günstiges zu Essen kaufen. Dies liegt zum Teil auch daran, dass der Wechselkurs von Euro zu Kolumbianischen Peso seit einer Weile sehr schlecht ist. Ein Euro war vor einem halben Jahr noch 3.000 Pesos wert, heute sind es nur noch 2.400 Pesos und ich kann sagen, dass macht sich ganz schön bemerkbar.
Aus diesem Grund überleg ich gerade, ob ich auf diesem Blog Werbung zulassen soll. Falls dies also in Kürze so sein sollte, bitte ich euch mir dies zu verzeihen und trotzdem fleißig weiter zu lesen. Aber hierzu werde ich wenn es soweit ist noch einmal kurz was schreiben.
Zudem bin ich auch kleinen Spenden nicht abgeneigt (alles freiwillig und ohne Zwang selbstverständlich). Wer mich also ein wenig unterstützen möchte schreibt mir einfach eine kleine Nachricht und dann melde ich mich.

So…. viel geschrieben :) wer Fragen hat oder irgendetwas spezifische Wissen möchte darf mir natürlich ebenfalls sehr gerne schreiben und dann werde ich versuchen darauf zu antworten.

Beste Grüße und alles Gute für euch alle!
Marcel

Mittwoch, 18. August 2010

Erste Woche in Kolumbien

Ich bin nun seit fast einer Woche in Kolumbien und denke, es ist Zeit mal einen kurzen Bericht zu schreiben, wie es mir hier so geht und was ich so erlebe.

Letzte Woche Donnerstag stand ich 5:30 am Flughafen Berlin-Tegel. Nachdem ich in der Nacht kaum geschlafen hatte, war ich doch etwas durch den Wind. Als dann jedoch die ersten anderen Freiwilligen ankamen, mit denen ich nach Kolumbien gehen sollte, ging es mir besser. Die Vorfreude war schließlich auch groß genug um die ganzen vorangegangen Abschiede einigermaßen gut zu ertragen. Der Flug nach Madrid war dann ziemlich langweilig, wir hatten den Fehler begangen nicht gemeinsam einzuchecken und saßen deswegen im ganzen Flugzeug verstreut.
In Madrid mit gut einer dreiviertel Stunde Verspätung angekommen mussten wir, Charlotte, Steffi, Josephine, Larissa, Astrid und ich uns echt sputen um den Anschluss nach Bogota zu bekommen. Wer schon mal in Madrid auf dem Flughafen war, dürfte in etwa eine Vorstellung davon haben denn dieser ist wirklich riesig. Am Flieger trafen wir dann auf die restlichen 14 Leute von uns. Natürlich saßen wir wieder getrennt…
Nach weiteren 10 Stunden Flug kamen wir dann endlich um 16 Uhr Ortszeit in Bogota an und wurden von unseren Gastfamilien in Empfang genommen. In meinem Fall ist dies die Familie Garcia, die mich wirklich sehr freundlich aufgenommen hat. Wir wohnen hier zu 8 in einem sehr kleinen Haus, welches momentan zur Hälfte Baustelle ist weil das Haus ausgebaut wird. Auf der Autofahrt zum Haus der Garcias durfte ich auch gleich mal mit der abenteuerlichen Fahrweise hier in Bogota Bekanntschaft machen. Ist eigentlich kaum in Worte zu fassen … Worüber ich sehr froh bin ist, dass ich schon einigermaßen gut Spanisch spreche. Wir haben gleich viel geredet und gelacht.
Am zweiten Tag war ich dann mit Daniel (als hätte ich schon mal nicht mit einem Daniel zusammengewohnt…), dem ältesten Sohn der Familie im Stadtzentrum und hab mir eine Gitarre gekauft. Dabei sind wir lustigerweise auch gleich Ronja und Lena (zwei weitere Freiwillige aus Deutschland), zusammen mit ihrem Gastbruder Luis begegnet, was schon ein Zufall ist in einer Stadt mit 8 Millionen Einwohnern. Wir haben uns dann noch ein bisschen das historische Zentrum Bogotas angeschaut und sind dann irgendwann abends zurück und ich ins Bett, denn am nächsten Tag sollte es nach La Mesa gehen, einer kleinen Stadt zweieinhalb Stunden außerhalb von Bogota, wo unser Orientierungscamp stadtfand.
Dort war es wirklich unglaublich schön, in mitten von Bergen, Palmen, Mangobäumen und Bananenpalmen verbrachten wir drei Tage in einer Finca mit allem was man sich nur wünschen kann. Während der drei Tage gab es reichlich Informationen über das Land, Kultur, die Projekte etc. Als es dann zurückging waren wir alles wiedermal ein wenig traurig aber so ist es nun einmal.
Gestern war ich dann nochmal mit Daniel, Diego und Micha in der Stadt um ein Handy zu kaufen und, wie sollte es anders sein, sind wir wiedermal Ronja, Lena und Luis begegnet. Wir waren noch in einer Bar und haben was getrunken und dann gings zurück „nach Hause“. Heute beginnt unser Sprachkurs und ich werde das erste Mal versuchen alleine mich in der Stadt zurecht zu finden.
Das Transportsystem ist nicht so einfach. Es gibt die Trasmilenio Busse, welche an festen Haltestellen halten und die kleinen Busse, welche billiger sind und feste Strecken abfahren aber keine Haltestellen haben. Man steht da an der Straße und wenn der richtige Bus vorbeikommt winkt man mit dem Arm und man kann einsteigen. Wenn man dann wieder raus will drückt man die Haltewunschtaste (was für ein wundervolles deutsches Wort) und der Bus hält sofort an. Der Fahrstil der Fahrer ist auch mehr als abenteuerlich… gestern Abend hat es mich mehr als einmal um gut einen halben Meter angehoben ^^.
Was gibt’s sonst noch so zu berichten… Hier ist alles schon, wie sollte es auch anders sein, ein Stück weit anders als in Deutschland. Dabei ist es weniger das „Was“ hier passiert, es ist vielmehr ein „Wie“. Auch hier gehen die Leute ihren täglichen Aufgaben nach, auf den Straßen herrscht geschäftiges Treiben und jeder versucht irgendwie über die Runden zu kommen. Dabei geht es jedoch ziemlich hektisch zu, der Straßenverkehr ist wohl echt das, was mich in den ersten Tagen am meisten beeindruckt hat. Man muss höllisch aufpassen, dass man nicht über den Haufen gefahren wird. Zudem muss man immer ein Auge auf seine Sachen haben. Bogota ist eine Stadt in der es viel Armut gibt (welche man uebrigens nicht an jeder Ecke sieht wie mancheiner wohl vermuten wird) und wo es Armut gibt, gibt es eben auch Taschendiebe. Dies ist keine Sache, die einen schockieren muss, sondern ein Zustand wie es ihn auf der Welt leider viel zu häufig gibt. Wenn man hier mit dem Bus fährt, passiert es eigentlich mindestens einmal auf der Fahrt, dass jemand in den Bus kommt, sich vorn hinstellt und den Leuten seine Geschichte erzählt. Danach geht er oder sie durch den Bus und hält die Hand auf. Diese Leute werden dabei nicht etwa schief angeguckt, wie es in Deutschland mit ziemlicher Sicherheit der Fall wäre, viele Menschen geben etwas ab. Ob dies den Bettelnden nun wirklich hilft über die Runden zu kommen oder ob sie sich davon nur den nächsten Rausch finanzieren sei mal dahingestellt.
Ich könnte jetzt mit Sicherheit noch einiges schreiben, aber ich denke für den Anfang sollte das hier erst mal genügen. Am 8. September geht’s dann nach Cartagena, wo ich dann den Rest des Jahres arbeiten werde. Soweit ich weiß kommt dort einiges auf mich zu und es macht mir schon auch ein bisschen Angst dort dann allein zu sein. Wer mich kennt weiß wie schnell es bei mir geht, dass mir bestimmte Leute sehr wichtig werden… die Herausforderung ist momentan leider, dies nicht geschehen zu lassen sondern mich darauf zu konzentrieren, dass ich hier in Kolumbien bin um wichtige Arbeit zu leisten. Dennoch freue ich mich riesig auf mein Projekt und die Erfahrungen die ich dort machen werde.

Bis die Tage! Hasta Pronto!

Samstag, 10. Juli 2010

Nach einer Woche VOS

Das Vorbereitungsseminar ist vorbei und ich bin wieder zurück in Leipzig. Die Woche war wunderbar und ich habe viele tolle Leute kennengelernt und einiges wissenswertes mitgenommen. Es ist schon immer wieder komisch, wie schnell man sich an manche Menschen gewöhnt und wie schwer es einem dann doch fällt, diese Menschen nach einer Woche wieder gehen zu lassen. An dieser Stelle erst noch einmal ein ganz großes Dankeschön an alle, ihr wart großartig.

Freitag, 2. Juli 2010

Mein Projekt


Soo, nach langem Warten ist es nun endlich soweit. Vorhin habe ich eine Mail bekommen in der mir mein Projektplatz mitgeteilt wurde. Ich werde ein Jahr in Cartagena an der Karibikküste Kolumbiens verbringen. Mein Projekt heißt Fundacion Renacer, bei dem es um die Rehabilitierung sexuell ausgebeuteter Kinder und Jugendlicher geht. Ich freu mich riesig denn dies war mein Erstwunsch.


Mittwoch, 30. Juni 2010

2. Vorbereitungsseminar und mehr

Ab Samstag bin ich für eine Woche in Berlin zu unserem 2. Vorbereitungsseminar. Dort werde ich dann hoffentlich auch erfahren, wo ich genau eingesetzt werde. Ich freu mich schon riesig auf die Woche mit den anderen Freiwilligen.

Ansonsten gehen die Vorbereitungen vorwärts. Hab jetzt fast alle Impfungen, einen Nachmieter für mein Zimmer in Leipzig , GEZ gekündigt und so weiter....

Ich werde euch nach unserem Seminar sicher ein paar Fotos zeigen können.
Bis dahin!

Montag, 14. Juni 2010

Herzlich Willkommen!

... auf meinem Blog. Wie ihr vielleicht wisst, werde ich schon bald die Reise nach Kolumbien antreten und dort für ein Jahr einen Freiwilligendienst absolvieren. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und ich kanns auch kaum noch erwarten, dass es dann endlich losgeht. Momentan weiß ich noch nicht, in welchem Projekt ich arbeiten und was ich dort dann ganz konkret tun werde aber auch das wird sich hoffentlich bald ändern. Während meines Aufenthaltes in Kolumbien werdet Ihr hier Berichte und Bilder zu meinem Abenteuer finden. 

Ich freue mich, euch auf diesem Weg einen kleinen Eindruck bieten zu können, wie es mir so fern von euch allen ergeht.

Meine Entsendeorganisation ist der ICJA